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Ein Blick in die Staunforschung

Curiosity – Neugier nach: Christopher Peterson, Martin E.P. Seligman (2004). Curiosity. In: Character, Strength and Virtues (S.125-141). Oxford University Press

Manche, im Bereich der Forschung sehr erfolgreiche Menschen, zeichnen sich durch ein hohes Maß an Wissensdurst aus – durch Neugier!

stwssPeterson und Seligman geben in ihrer Abhandlung „Curiosity“ (2004) einen Überblick über den Stand der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit dem Phänomen der Neugier. Sie skizzieren, mit welchen Faktoren Neugier verwandt ist und welche Modelle und Theorienbildung es bezüglich Neugier gibt. Dann tragen sie wichtige empirische Forschungsergebnisse zusammen und setzen sich mit der Entwicklung von menschlicher Neugier auseinander, sowie geschlechtsspezifischen und kulturellen Unterschieden.

Besonders interessant scheinen die empirischen Forschungsergebnisse zu sein, die sich mit den Zusammenhängen und den Folgen von Neugier beschäftigen. Demnach hat Neugier positive Wirkungen auf den Bereich der Kreativität, der Gestaltung von Arbeit und Freizeit, der Begeisterungs- und Genussfähigkeit, sowie der Aufmerksamkeit eines Menschen.

Wahrgenommener Stress und Langeweile werden durch Neugier reduziert. In einem Versuch stellten Schüler mit einem hohen Niveau an Neugier (unter der Voraussetzung, dass die Schulumgebung von ihnen als unbedrohlich wahrgenommen wurde) etwa fünfmal so häufig Fragen wie Schüler mit einem niedrigen Niveau (Peters, 1978).

Meta-Analysen zeigen, dass Neugier einen starken positiven Einfluss auf akademisches Lernen und Leisten und einen sehr starken Einfluss auf die eigenständige Wahl von beruflichen Werdegängen hat.

Ferner wirkt sich Neugier sehr vorteilhaft auf die Gestaltung von Beziehungen aus: Neugierige Menschen erleben ein höheres Maß an Intimität in Begegnungen als andere. Sie bringen den positiven Seiten ihres Gegenübers und den interessanten Aspekten einer Unterhaltung mehr Aufmerksamkeit und Interesse entgegen als weniger neugierige und haben mehr Spaß an der Begegnung.

Neugier scheint sich sowohl auf das körperliche Wohlbefinden als auch auf die Sterblichkeitsrate von Menschen auszuwirken: In einer provokanten 5-jährigen Anschlussstudie an eine geriatrische Studie wurde festgestellt, dass (unter Berücksichtigung von Variablen wie Alter, Ausbildung und Gesundheit) der anfängliche Level an Neugier bei den noch Lebenden signifikant höher war als bei denen, die in diesem Zeitraum gestorben waren.

Negative Folgen kann ein hoher Level an Neugier jedoch in Verbindung mit einem niedrigen Niveau an Gewissenhaftigkeit haben: Man vermutet, dass diese Kombination häufig zu kurzfristigen Befriedigungen auf Kosten der längerfristigen Zukunft führt, etwa in Form von Faszination gegenüber Drogen, Gewalt oder sexuellen Erlebnissen.

Anscheinend wird Neugier insbesondere in den ersten Lebensjahren herangebildet. Dabei sind verlässliche und Sicherheit vermittelnde Bezugspersonen, die liebevoll und gleichzeitig freilassend sind, der zentrale Schlüssel. Ob und wie Neugier in späteren Lebensjahren am besten gefördert werden kann, sollte Gegenstand zukünftiger Studien sein.

Staunen weckt Neugier. Neugier führt zu Entdeckungen, die staunen lassen.

 

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